Der dritte Teil der Wild West RPG-Serie punktet mit hübscher Cell Shading Optik aber patzt dafür bei der Geschichte
Titel: Wild Arms 3
Kategorie: Rollenspiel
PAL-Release: 2003
Entwickler: Media Vision
Hersteller: Ubisoft
Spieler: 1
Unterstütztes Zubehör: Memory Card, Analog Controller
Überblick
Wild Arms 3 handelt auf dem Wüstenplaneten Filgaia: einer Welt, die überwiegend aus Ödland und Ruinen einer früheren Hochkultur besteht. Auf einem nächtlichen Zugtransport durch die Wüste kreuzen sich die Wege von vier Driftern – also jenen Menschen, die die Einöde auf der Suche nach Schätzen durchstreifen. Die unerfahrene Virginia, Einzelgänger Jet, Scharfschütze Clive und Stammes-Priester Gallows haben es alle auf ein geheimnisvolles Artefakt an Bord des Zuges abgesehen. Sie ahnen jedoch noch nicht, dass das zufällige Aufeinandertreffen nur der Auftakt für ein noch viel größeres Abenteuer darstellt.
Wild Arms 3 ist aus spielerischer Perspektive ein recht konventionelles Rollenspiel japanischer Machart. Die eigene Heldenparty durchstreift eine 3D-Welt in isometrischer Ansicht und bestreitet dabei rundenbasierte Zufallskämpfe. Im Kampf dienen die namensgebenden „ARMS“-Schusswaffen als Standardattacke, während mächtigere Arcana mit Force Level Punkten aufgeladen und gewirkt werden können. Bei der Erkundung von Dungeons ist hingegen Hirnschmalz gefragt: Häufig müssen kleine Rätsel mit den individuellen Fähigkeiten der Party-Mitglieder gelöst werden. Zum Beispiel lassen sich brüchige Wände durch Clives Bomben zerstören und entfernte Schalter kann Jet mit Hilfe seines Bumerangs bewegen.
Bei der Charakterentwicklung spielen, abseits von Stufenaufstiegen und Waffenupgrades, die sogenannten Guardians eine tragende Rolle. Jeder Hauptcharakter kann sich mit Runen dieser mächtigen Beschützerwesen ausrüsten, die spezielle Arcana-Fähigkeiten und Vorteile im Kampf bieten. Zum Beispiel Feuerzauber sowie Widerstand gegen feindliche Feuerattacken. Außerdem kann man einmal pro Tag seinen Beschützer für einen verheerenden Beschwörungszauber einsetzen.
Screenshots
Meinung
Ich habe zwar keinen der Vorgänger gespielt, doch trotzdem hatte ich schon länger Lust gehabt, Wild Arms 3 einmal nachzuholen. Man sollte zwar kein RPG vom Kaliber eines Final Fantasy X erwarten, doch vor allem in Punkto Grafikdesign und Präsentation braucht sich der Titel wirklich nicht vor anderen Genrevertretern verstecken. Vor allem sei hier der charmante „Cell Shading“ Look erwähnt. Dieser holt das Beste aus der angestaubten Grafikengine heraus, bringt Mimik der Charaktere schön zur Geltung und gefällt mir insgesamt richtig gut. Überhaupt ist das unverbrauchte „Sci-Fi x Western“ Szenario eine willkommene Abwechslung zur immer gleichen Fantasy Mittelalterwelt. Wenn man zu Pfeifenmelodie begleitet im Sattel seines Pferdes durch die karge Prärie reitet, kommt echtes Wild West Feeling auf.
Allgemein findet man einige kleine, erfrischende Gameplay-Ideen, die den Titel von anderen RPGs abheben. So gibt es zum Beispiel die Möglichkeit, mit Hilfe von „Gimmel coins“ jederzeit und überall zu speichern. Eine simple Komfortfunktion, die ich gerne in viel mehr Spielen sehen würde! Oder wenn man gerade keine Lust auf einen Zufallskampf hat, kann man diese mit begrenzt verfügbaren EC-Punkten abwehren – total praktisch! Und damit man sich jedem Kampf nicht immer manuell heilen muss, gibt’s verlorene HP automatisch wieder zurück, solange man über genügend Vitalitätspunkte verfügt.
Wo bitte geht’s weiter?
Trotz vieler Aspekte, dir mir am Werk von Media Vision durchaus gefallen, gibt es dennoch auch Schwachstellen zu benennen. In den zahlreichen Dungeons die Orientierung zu behalten, ist zum Beispiel eine echte Herausforderung! Der fixe Kamerablickwinkel lässt sich zwar über vier Stufen rotieren, was im Grunde sehr angenehm ist, doch leider gibt’s dabei nie den einen „besten“ Winkel, welcher sämtliche Wege, Items oder Rätsel ins Blickfeld rückt. Man ist gezwungen, ständig die Ansicht rotieren und verliert in Folge dessen in den verwinkelten Dungeons sehr häufig den Überblick. Das nervt einfach!
Eine merkwürdige Designentscheidung wurde auch bei der Erkundung der Weltkarte getroffen: Die Oberwelt ist überwiegend leer und Dörfer oder Dungeons müssen erst durch „Scannen“ aufgedeckt werden. Allerdings lassen sich Orte nur dann aufdecken, wenn man in Gesprächen mit NPC’s zuvor einen Hinweis über die Existenz des Orts eingeholt hat – ansonsten bleibt der Fleck der Karte stets leer. Das führt in der Praxis leider zu diversen Schwierigkeiten bei der Wegfindung. Entweder man findet Orte nicht, da einem der entscheidende Hinweis fehlt, oder die Hinweise über den Aufenthaltsort sind so vage formuliert („Richtung Osten“), dass man ganze Landstriche absuchen muss. Das ist nicht bloß nervig, sondern zieht auch den Spielfluss ungewollt in die Länge.
Doch am meisten enttäuscht hat mich tatsächlich die Geschichte: Die Erzählung beginnt zwar im Prolog sehr spannend und baut die Hintergrundgeschichte der vier Hauptcharakter schön auf. Doch nach 2-3 Stunden flacht die Haupthandlung massiv ab und kurze Zeit später war der Story-Faden leider verloren. Fehlende Audio-Vertonung und lahme Textbox-Dialoge tragen sicherlich auch einen Teil dazu bei. Echt schade.
Fazit: Für Rollenspielfans bietet Wild Arms 3 durchaus gelungene Unterhaltung. Allerdings muss ich gestehen, dass ich auf der Playstation 2 schon deutlich fesselndere Rollenspiele erlebt habe. Eingefleischten J-RPG Experten kann man den Titel ans Herz legen, doch alle anderen sollten zunächst die interessanteren Vertreter der Final Fantasy-, Shadow Hearts- und Persona-Reihen abchecken.
Schreibe einen Kommentar